
Ob Statistiken ohne größere Sinnhaftigkeit, ein Datenschutzbeauftragter für´s Unternehmen oder umständliche Förderverfahren, gerade der klassische Mittelstand ist durch die überbordende Bürokratie unangemessen hoch belastet. Wir freuen uns deshalb besonders, dass unser MIT Mitglied, Finanzminister Dr. Matthias Haß, heute den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht hat. MIT Ziel ist es, bis 2024, 30% der sächsischen Bürokratiekosten abzubauen. Bis dahin ist es zwar noch ein langer Weg, aber jeder Weg beginnt bekanntlich mit dem ersten Schritt, so Dr. Markus Reichel, Landesvorsitzender MIT.
Lesen Sie hier das Interview von Dr. Markus Reichel mit Finanzminister Dr. Matthias Haß
Herr Staatsminister, unsere Unternehmer klagen über ständig steigende Belastungen durch die staatliche Bürokratie. Was haben Sie in Ihrem Ministerium seit Ihrem Amtsantritt unternommen, um die Bürokratie auf das erforderliche Minimum herunterzuführen?
Die Belastung der Bürger durch staatliche Bürokratie gehört für mich zu den Topthemen in Sachsen. In den letzten Jahren hat sich hier vieles angesammelt. Früher war Sachsen bekannt für sein unkompliziertes Handeln. Da müssen wir wieder hinkommen, denn nur so gewinnen wir Investoren.
Schon im Frühjahr letzten Jahres hat das Kabinett auf meine Initiative eine Expertenkommission zur Vereinfachung und Verbesserung von Förderverfahren eingesetzt. Förderverfahren sind nur ein Aspekt, aber ein sehr wesentlicher. Der Abschlussbericht der Expertenkommission liegt jetzt vor. Er hat uns ein sehr deutliches, teilweise auch kritisches Bild der sächsischen Förderlandschaft gezeichnet. Und er beinhaltet gute, kurzfristig umsetzbare Vorschläge, die wir kurzfristig umsetzen werden.
Bis zum Sommer wird das Kabinett erste Maßnahmen zur Umsetzung beschließen. Dazu zählt für mich aus Sicht der sächsischen Unternehmen vor allem die Entkopplung von Vergaberecht und Zuwendungsrecht, so dass die Auflage zur Einhaltung des Vergaberechts künftig im Förderbescheid entfällt. Damit müssen sich die Unternehmer nicht mehr mit den Feinheiten des Vergaberechts beschäftigen. Aber auch Maßnahmen zur Beschleunigung sind vorgesehen, denn die Förderverfahren dauern viel zu lange. Außerdem wollen wir bei Fördermittelempfängern künftig darauf verzichten, uns bei Maßnahmen bis 5 Mio. Euro dinglich im Grundbuch abzusichern. Dadurch werden zeit- und kostenintensive Eintragungen über einen Notar zumindest in diesem Rahmen künftig entfallen. Ein weiteres Element ist eine vereinfachte Prüfung von Verwendungsnachweisen.
Im Wahlprogramm der CDU steht, dass bis 2024 die sächsischen Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 30% gesenkt werden sollen. Wie kann aus Ihrer Sicht dieses Ziel erreicht werden?
Wir brauchen dazu eine breite Initiative der Staatsregierung für alle Bereiche der staatlichen Verwaltung.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir unser Ziel, die Bürokratiekosten zu senken, erreichen werden, wenn wir die Chancen der Digitalisierung nutzen. Die Digitalisierung ist ein einmaliger Hebel, alle staatlichen Verfahren zu überprüfen und zu vereinfachen. Wir können dabei sehr viel von anderen Ländern lernen, denken Sie nur beispielsweise an Estland.
Die MIT will erreichen, dass Sachsen das mittelstandsfreundlichste Bundesland wird. Da gibt es natürlich auch im Bereich der Finanzverwaltung einiges zu tun. Wie schätzen Sie die Mittelstandsfreundlichkeit der sächsischen Finanzverwaltung im Vergleich zu den anderen Bundesländern ein, und was muss geschehen, damit Sachsen hier an die Spitze kommt?
Das ist eine sehr wichtige Frage. Natürlich muss man zunächst berücksichtigen, dass wir im Bereich der Finanzverwaltung stark durch bundesgesetzliche Regelungen gebunden sind. Trotzdem unterscheiden sich die Länder untereinander. Mir ist wichtig, dass die Verwaltung immer auch Verständnis für die Unternehmen hat, für ihre Anliegen und Sorgen. Und: Dass wir freundlich und auf Augenhöhe miteinander umgehen. Deshalb habe ich in meinem Ministerium auch eine Initiative gestartet, um die Zusammenarbeit zwischen den Betriebsprüfungen und den Unternehmern zu überprüfen und an den notwendigen Stellen zu verbessern.
Zum Beispiel bei Betriebsprüfungen ist es für eine konstruktive Zusammenarbeit gut, wenn bereits der Auftakt mit einem Rundgang durch das Unternehmen beginnt und der Unternehmer oder die Unternehmerin sich die Zeit nimmt, einen kleinen Einblick in das Unternehmen zu geben. Akzeptanz ist keine Einbahnstraße. Sicherlich kostet das manchmal Zeit. Aber es ist gut investierte Zeit – auf beiden Seiten.
Gegenseitiges Verständnis ist mir wirklich wichtig. Da sind die Unternehmerinnen und Unternehmer des Mittelstands, die innovativ das wirtschaftliche Leben in Sachsen gestalten, Arbeitsplätze schaffen und durch Steuern und Abgaben einen ganz wesentlichen Beitrag für das Gemeinwohl leisten. Und da sind die Prüferinnen und Prüfer der Finanzämter, deren Auftrag es ist, die steuerlichen Verhältnisse zu ermitteln. Sie haben nicht den Auftrag einfach irgendein Mehrergebnis zu erzielen, sondern sie haben den Auftrag, für die richtige Steuer zu sorgen. Alle Prüferinnen und Prüfer die ich kenne bemühen sich darum einen guten Job zu machen. Das muss auch gesagt werden.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen, die in Bezug auf die sächsischen Unternehmen vor der Staatsregierung liegen?
In den 1990er Jahren hatten wir große Ansiedlungen, weil wir bundesweit bekannt waren für eine wirtschaftsfreundliche Politik, die auch in der Verwaltung gelebt wurde. Ich will wieder zu dieser Aufbruchstimmung zurück. Hier geht es um leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, gute Bildung und Fachkräfte, Energiekosten und natürlich den Breitbandausbau und die Digitalisierung. Hier stehen wir insgesamt und gemeinsam vor großen Aufgaben. Die Politik muss gute Rahmenbedingungen schaffen. Wichtig scheint mir hier ein noch intensiverer Austausch mit den Unternehmen. Ich bin viel in Sachsens Unternehmen unterwegs und werde das auch in Zukunft tun, man lernt ungeheuer viel durch Besuche vor Ort.
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